Geschichte

Die „Evangelische Hoffnungskirchengemeinde“ entstand am 01.01.2010 durch die Fusionierung der Gemeinde der Brüderkirche (Altstädter Gemeinde) und der Erlöserkirche-Fasanenhof, die eine Ausgründung aus der Altstädter Gemeinde ist.

Gründung der Gemeinde

Die Geschichte der Altstädter Gemeinde geht bis auf die Missionierung des Kasseler Beckens 773 durch den Benediktinerabt Sturmius von Fulda zurück. Vielleicht wurde sie aber auch schon früher durch die christlichen Franken gegründet. Bei Grabungen am Altmarkt wurden 2007 Siedlungsspuren gefunden, die eine Besiedlung bereits um 750 nachweisen. Sicher ist, dass es sich um eine fränkische Stiftung handelt. Erstmalig greifbar ist die Kirchengemeinde im Zusammenhang mit der Gründung des Ahnaberger Stiftes durch die Landgräfin Hedwig von Thüringen und ihren Sohn Heinrich Raspe II., Graf von Gudensberg, im Jahre 1148. Die Siedlung wurde 1152 als „villa“, zwischen dem Stift und dem alten Königshof „Chassalla“ an der Ahna liegend, von den Hohenstaufern urkundlich erwähnt. Es handelte sich um einen Marktort mit einer kleinen Marktkirche, die vom Ahnaberger Stift betreut wurde. 1189 besaß der Markt bereits das Stadtrecht. 1262 lassen sich, aufgrund der Einladung des ersten hessischen Landgrafen Heinrich I. aus dem Hause Brabant, die „Brüder des Ordens unserer lieben Frau vom Berge Karmel“ am alten Königshof nieder. 1277 wird die Stadt zur Residenz des Landgrafen ausgebaut und 1298 erfolgt der Bau der gotischen Klosterkirche für die Karmeliter. Auf dem Gebiet der Altstadt standen damals zwei Klöster und die kleine Marktkirche, die 1325 durch die neue Pfarrkirche „St. Cyriakus“ ersetzt wurde.

In der Reformation

1526 regte der 22jährige Landgraf Philipp I. die religiöse Reformation seiner Landeskinder an und berief einen Landtag nach Homberg/Efze, wo 158 Thesen des Reformators Lambert von Avignon vorgetragen und mit dem Beschluss „Reformatio ecclesiarum Hassiae“ der Übergang zur evangelischen Lehre beschlossen wurde. Die Thesen verfasste Lambert im Karmeliterkloster, in welchem schon früh nach dem Evangelium gepredigt wurde, und dessen Brüder auch für die Predigt und Seelsorge bei Hofe zuständig waren. Noch im Jahr 1526 verlor die Altstädter Gemeinde ihre Pfarrkirche, um Platz für die Schlossbefestigung zu schaffen. Die Gemeinde zog in die Klosterkirche der Karmeliterbrüder um, die wesentlich größer als die Pfarrkirche St. Cyriakus war. Die „Osanna-Glocke“, die auch als Sturmglocke diente, wurde in die Stiftskirche St. Martin gebracht, wo sie bis 1943 hing. Da die Karmeliter für die Seelsorge am Hof zuständig waren, mussten die Altstädter Pfarrer diese Aufgabe übernehmen. Der erste evangelische Pfarrer, Johannes Kymäus, wurde 1538 eingeführt. Gleichzeitig war er aber auch Superintendent von Niederhessen und verantwortlich für die Kirchenzucht und Ordnung der Kirche von Kassel. Unter ihm wurde 1539 die Kasseler Kirchenordnung und der Kasseler Katechismus eingeführt, der sich am Straßburger Katechismus von 1534 orientierte. Beim Naumburger Fürstentag 1561 wurde Kaiser Ferdinand I. eine von Melanchthon überarbeitete und vom Landgrafen Philipp getragene Fassung der Confessio Augustana überreicht. Sie wurde von fast allen deutschen Fürsten, aber auch von Johann Calvin unterschrieben und galt fortan als Einheitsbekenntnis der Evangelischen in Deutschland. Im selben Jahr wurde auch die zweite Pfarrstelle eingerichtet, um die Seelsorge in der eigenen Gemeinde zu verbessern. Seit 1565 führt die Gemeinde auch ein Kirchenbuch, welches das Älteste in Hessen ist und in welchem auch die landgräfliche Familie erfasst wurde. 1605 erlässt Landgraf Moritz das Edikt, dass sich auch die Pfarrer des neu erworbenen Oberhessen (Hessen-Marburg) an die Synodaldecrete von 1577 und 1582 zu halten haben, in denen die leibhaftige Gegenwart Christi im Abendmahl abgelehnt wurde. Als äußeres Zeichen sollte gemäß dem Vorschlag des Konsitoriums von 1599, echtes Brot beim Abendmahl gebrochen und die 10 Gebote mit Bilderverbot gelehrt werden, wie es bereits in Kassel üblich war. Das Brotbrechen wurde nach einer Übergangszeit am 09.08.1607 in der Altstädter Gemeinde eingeführt. 1609 wurde die erste Abendmahlskanne in Form eines Humpen in Erfurt in Auftrag gegeben. Ihm folgten vier baugleiche Abendmahlskannen 1640 und 1724. Taufschale und Taufkanne der Gemeinde sind von 1651 und 1665. Einer der Abendmahlskelche ist im unteren Teil sogar noch aus vorreformatorischer Zeit. Etwas Besonderes, da Landgraf Philipp die Einschmelzung der liturgischen Gefässe befahl und jede Gemeinde nur einen Kelch behalten durfte. Dieses in Deutschland einzigartige und kostbare Abendmahlsgeschirr wurde am 05. April 2014 zum Teil entwendet und stark beschädigt bei einem Täter aufgefunden. Eine Restaurierung der wieder aufgefundenen Teile ist geplant, aber noch nicht realisiert.

Die Altstädter Franzosen

Im Jahr 1628 wurden mit der Familie Bourdon aus Metz erste evangelische Franzosen in der Altstädter Gemeinde Mitglied. Es ist auch eine französische Schule gegründet worden. Ab 1685 kamen in einer ersten Welle Glaubensflüchtlinge „Refugies“ hinzu, die auch „Hugenotten“ genannt wurden. Die Familie Grandidier stellte ihr Haus für die ersten französischen Gottesdienste zur Verfügung. Da die Anzahl der Flüchtlinge stark zunahm wurde die französische Altstadtgemeinde gegründet, die fortan ihre Gottesdienste in der Brüderkirche feierte. Sie ist die älteste französische Gemeinde in Hessen. Bis 1830 war sie selbständig und dann bis 1867 mit der französischen Oberneustädter Gemeinde vereinigt. Nach der Annektion Kurhessens durch das Königreich Preußen wurde die französische Gemeinde mit den beiden deutschen Gemeinden 1867 fusioniert. Die Altstädter Gemeinde hat somit auch eine französische Vergangenheit.

Die Alte Brüderkirche

Die „Brüderkirche“ ist heute das älteste erhaltene Kirchengebäude in Kassel und wurde 1376 fertiggestellt. Im 7-Jährigen Krieg 1756-1763 war die Altstadt mehrmals durch Truppen des Königreichs Frankreich und der Schweiz besetzt und das Kirchengebäude musste als Lazarett und Magazin herhalten. Die Gemeinde feierte damals ihren Gottesdienst in der Schlosskapelle. 1766 wurde die Kirche aufwendig saniert, die Emporen erneuert und eine neue Kanzel errichtet. Die 1610 gebaute Orgel wurde ebenfalls ausgebessert und galt wegen ihres Klanges noch 1888 als beste Orgel in Kassel.

Das Christliche Volks- und Jugendheim

1920 erwarb die Gemeinde, unter ihrem Pfarrer Gotthelf Conrad, die Festungsanlage Finkenherd mit dem dort 1896 erbauten Gaststättengebäude. Es war Teil der Artillerie-Kaserne gewesen und es bestand ein Alkoholverbot für die Anlage. In den Gebäuden wurde nun die „alkoholfreie Gaststätte Christliches Volks- und Jugendheim“ der Altstädter Gemeinde eröffnet. Der Kaufpreis in Höhe von 215.000 Mark wurde mit Anteilsscheinen der Gemeindemitglieder finanziert. Der Finkenherd wurde Heimat des Männer- und Jünglingsverein (1875), des Jungfrauenvereins (1899), des Wandervereins Freibund, der Schüler-Wandervereinigung der Oberrealschule II. an der Ysenburgstraße, der Jugendwanderherberge (1921) und des Gemeindekindergartens (1927). Der Jugendpfleger Leisler kam vom Hessischen Brüderhaus in Treysa. 1929 übernahm der Stadtmissionar Jacob Klotz die Gewölbekeller vom Schlossermeister Rosenkranz und gründete die gährungslose Früchteverwertung „Sonbosa“ (Sonne-Boden-Saft). Sie wurde kurz vor Übergabe der Anlage an die NS-Wohlfahrt 1941 an den Süssmoster und Kellermeister Fritz Waldi verkauft, dessen Nachfahren „Sonbosa“ heute noch betreiben. Das Christliche Volks- und Jugendheim wurde am 22. Oktober 1943 bei dem Bombenangriff zerstört. Nach dem Krieg richtete die Gemeinde wieder einen Kindergarten ein.

Das Karlshospital

1924 gründete die Bündische Jugend eine Beratungsstelle für obdachlose und gefährdete Jugendliche im Steinweg 10. Leiter wurde Wilhelm „Papa“ Kröning von der Evangelischen Inneren Mission, der beim Bezirksjugendpfleger Pfarrer Hermann Schafft und dem Regierungspräsidenten Ferdinand Friedensburg Unterstützung fand. 1927 wurde das ehemalige Zuchthaus an der Fulda übernommen und zum „Karlshospital“ ausgebaut. Bereits kurze Zeit nach der Eröffnung konnten täglich 800 Bedürftige ein Essen erhalten. 150 Betten standen Obdachlosen zur Verfügung und eine Polizeileichenhalle mit Wasserrettungsstation und Bergungskommando wurde aufgrund der vielen Selbstmorde an der Fuldabrücke eingerichtet. Papa Kröning und seine Mitarbeiter organisierten auch eine Feldküche für Oberkaufungen und Ochshausen, sowie Musik- und Unterhaltungsabende. Auf der Schwanenwiese wurde eine Freilichtbühne für das Wehlheidener Hoftheater gebaut und zu Weihnachten gingen die Pfleger zum Singen auf den Friedrichs- und den Königsplatz. 1933 wurde gegen den Willen Papa Krönings die SA-Schutzhaftstelle 83 im Gebäude eingerichtet. Beschwerden an den Regierungspräsidenten halfen nicht und Kröning gab das Karlshospital auf und ging zur Bahnhofsmission. 1938 zog er nach Regensburg. Das Karlshospital wurde am 22. Oktober 1943 zerstört und blieb lange als Ruine erhalten.

Die Altstädter Hütte

Im Jahr 1930 erwarb der Männer- und Jünglingsverein der Altstädter Gemeinde, vertreten durch den Stadtmissionar Jakob Klotz, zwei Wiesen im Laudenbachtal bei Helsa, die der Flachsfabrik Hessen GmbH gehörten. Auf dem Gelände wurde die Altstädter Hütte gebaut, die 1953 vergrößert wurde und der Gemeinde als Ausflugsort und Ziel vieler Freizeiten diente. Zur heutigen Nutzung s. Orte.

Das Gemeindeleben

In der Altstädter Gemeinde wurde 1867 der erste Kindergottesdienst (Sonntagsschule) gehalten. 1875 wurde ein Jünglingsverein gegründet und 1886 die Stadtmission der Altstadt. 1887 kam der Nähverein hinzu und die Gemeindediakonie begann ihre Arbeit. 1889 folgte der Kirchenchor, 1890 der Mütterverein und 1899 der Jungfrauenverein. 1905 wurde schließlich eine dritte Pfarrstelle in der Mönchebergstraße (heute Studentengemeinde!) notwendig. 1919 wurde etwas unterhalb an der Magazinstraße ein Wohnhaus gekauft. Die Gemeinde betreibt seit 1920 den ältesten Kindergarten Hessen. Seit 1927 ist er auf der Flusswehr „Finkenherd“ zu finden. In den zwanziger Jahren war es Pfarrer Hermann Schafft, der an Johann H. Wichern anknüpfend die Soziale Arbeit in der Altstadt förderte. Er besuchte jeden Haushalt der Gemeinde, gründete die „Altstädter Jugendgruppe (AJG)“ und förderte die „Altstädter Hütte“ in Helsa. Er gründete auch den „Arbeitskreis zur Erneuerung des Gemeindelebens“ und förderte die Arbeit Wilhelm „Papa“ Krönings vom „Evangelischen Verein der inneren Mission“ im Karlshospital. Er war aber auch Förderer und Mitglied der 1955 wiedergegründeten Guttempler-Gemeinschaft „Chattenburg“, die sich für Enthaltsamkeit und Frieden einsetzt, und sich noch heute im ehemaligen Gemeindehaus, dem jetzigen Stadtteilzentrum Wesertor trifft.

Nachkriegsgeschichte der Gemeinde der Brüderkirche

Am 22. Oktober 1943 wurde die Brüderkirche bei dem großen englischen Bombenangriff zerstört. Am 23. Oktober 1955 konnte sie wieder eingeweiht werden und diente bis 1971 als Pfarrkirche der Gemeinde. In diesem Jahr wurde eine neue Kirche auf dem Gemeindezentrum in der Weserstraße fertiggestellt. Dies war notwendig, da die „Alte Brüderkirche“ nun außerhalb der Gemeindegrenze lag. Orgel und Bänke wurde in die „Neue Brüderkirche“ gebracht. Der Künstler Hermann Pohl schuf bis 1986 einen Wendealtar, einen Ständer für die Taufschale, ein Predigtpult und ein Wandkreuz für diese neue Kirche. Zur Pflege der „Alten Brüderkirche“ wurde 2006 eine gemeinnützige Stiftung gegründet. Die Kirche wurde saniert und mit Einbauten versehen. Sie dient heute auch für weltliche Veranstaltungen und die Reihe „Achtmal Alte Brüderkirche“. Sie wird zukünftig auch vom Hotel im alten Karmeliterkloster genutzt.

Im ehemaligen Gemeindehaus der „Neuen Brüderkirche“ gab es eine aktive Alten- und Jugendarbeit, sowie verschiedene diakonische Angebote wie die „Gesegnete Mahlzeit“, ein Mittagstisch für Bedürftige, eine Sozialberatung, den „Bewerbertreff Wesertor“ und das Diakoniecafe „Miteinander“. In der Gemeinde wurde auch das heute in Kassel erhältliche „Diakonieticket“ eingeführt.

Die Geschichte der Erlöserkirche Fasanenhof

1936 wurde für den damals neu entstandenen Stadtteil Fasanenhof die Erlöserkirche gebaut. Die Gemeinde der Erlöserkirche Fasanenhof ist eine Ausgründung der Altstädter Gemeinde, in deren Bereich der Möncheberg vorher lag, als Teil des Seelsorgebezirks I. Zur Geschichte der Erlöserkirche bis zur Fusion finden Sie hier bald einen ausführlicheren Text.

Die Fusion zur Hoffnungskirchengemeinde

2010 fusionierten die beiden Gemeinden zur Hoffnungskirchengemeinde. Seitdem konnten schon einige wichtige Projekte umgesetzt werden. Auf dem Dach der Erlöserkirche Fasanenhof wurde eine Photovoltaikanlage installiert. Das Gemeindehaus der Neuen Brüderkirche wurde zum Stadtteilzentrum Wesertor umgebaut und in die Trägerschaft des Diakonischen Werkes und des Kulturzentrums Schlachthof übergeben werden. So konnte der Kirchenstandort erhalten bleiben und der sozialen Struktur des Stadtteils Wesertor wird Rechnung getragen.

Christian Klobuczynski

Herzlich Willkommen in der Erlöserkirche Fasanenhof und in der Neuen Brüderkirche!