Meine „Gessa“ – und Veranstaltungen zu Äthiopien

Zemenu Tenagne leistet einen Bundesfreiwilligendienst in unserer Gemeinde. Er ist Journalist aus Äthiopien und hat dort für wichtige Medien geschrieben.

Vor ungefähr einem Jahr haben wir begonnen, den großen Teppich zu knüpfen, aus Stoffresten. Ich habe damals auch ein besonderes Teil geknüpft, eine „Gessa“, und zwar in der selben Technik, nur mit anderem Material.

Eine „Gessa“ (amharisches Wort) ist ein Tuch, das vor allem im Norden Äthiopiens verwendet wird. Die Menschen, vor allem die Hirten, benutzen sie in der Regenzeit, wenn sie sich um ihre Tiere kümmern, und auch die Bauern, wenn sie ihre Arbeit auf dem Feld verrichten. Man sagt:

Meine Gessa ist mein Haus, meine Hütte, mein Schutz

Wo ich mich vor dem Regen in der Winterzeit schütze.

Die Menschen sammeln Gras vor der Regenzeit und legen es zum Trocknen nach draußen. Wenn die Gessa geknüpft ist, schenkt es eine Person, meist der Vater, sie der ganzen Familie. Wenn der Vogelgesang verstummt und der Himmel voller Wolken und Regen ist, kommt die Gessa von ihrer Aufhängung herunter und beginnt ihren Dienst.

Die Äthiopier haben großen Respekt vor ihrer Gessa. In der Tat, wenn den Menschen oder Dingen, die in der Zeit der Schwierigkeiten helfen, kein Respekt entgegengebracht wird, wem könnte dann ein herzlicher Dank, Respekt und Ehre entgegengebracht werden? In der Bibel heißt es in 1. Thessalonicher 5:18: „Dankt in allen Umständen…“

Ich kam in diese Gemeinde in einer solchen Zeit der Not. Ich musste mein Heimatland verlassen, weil es dort für mich sehr gefährlich geworden war aufgrund meiner journalistischen Tätigkeit. Aber auch mein weiterer Weg in Europa war sehr schwer. Für mich war es besonders wichtig, nach meiner Flucht aus Äthiopien hier in dieser Gemeinde einen Schutz-Ort zu finden. Diese Gemeinde war und ist meine Gessa. Gleichzeitig bin ich froh, in meinem Bundesfreiwilligendienst zusammen mit anderen  weiter an unserer Gessa zu knüpfen, an diesem Schutzraum in Notsituationen.  Ich versuche dankbar zu sein—und mein Bestes zu geben für diese Gemeinschaft.                 Zemenu Tenagne Zeleke