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Der dritte Raum – Interview mit Steve Ogedegbe

Hier das ganze Interview:

Hier die im Gemeindebrief erschienene gekürzte Version:

Steve, es gibt in der postkolonialen Debatte eine Theorie vom dritten Raum, von Homi K. Bhabha entwickelt. Der erste Raum ist der eigene Raum, der zweite Raum ist der andere Raum bzw. der Raum der anderen, der dritte Raum ist der Begegnungsraum. Euch war sehr wichtig, dass ihr nicht als Gastgemeinde in die Neue Brüderkirche kommt, sondern als Kooperationsgemeinde. Und mit dieser Theorie könnte man dann sagen: nicht in den zweiten Raum zu wechseln und sich da bewegen zu müssen, sondern in den dritten Raum. Kann man das so sagen?

Ja, weil wir den dritten Raum als einen Raum definieren, in dem es ownership identity gibt, d.h. eine Form von gemeinsamem Eigentümer sein. Wir geben beide Macht ab und definieren den Ort neu, indem Beziehungen entstehen, und an die Stelle unserer Macht tritt die Macht Gottes. Die konfessionelle Unterschiedlichkeit ist dann kein Problem mehr im Haus Gottes.

Was macht den dritten Raum sonst noch aus, und: Wie kann Begegnung gelingen?

Ich sehe es so: Es ist ein Ort des Experiments. Jeder kann sich frei bewegen, jeder kann sich auch entfalten, ohne Angst zu haben, ohne Überlegenheit zu spüren, das heißt man ist ganz frei darin. Der dritte Ort ist ein Safe Space.

Das ist interessant, denn viel definieren ihren Safe Space nicht unbedingt als den dritten Raum, sondern als den eigenen Raum!

Ja, aber für mich ist es der dritte Raum, weil ich immer vom beiden Kontexten her reflektiere, und weil ich auch immer ziemlich beschäftigt bin mit der second generation, hab ich den dritten Ort als Safe Space gesehen. Das gilt insbesondere für die second generation, für die third culture kids, die Kinder aus interkulturell gemischten Familien. Ein dritter Ort, wo kein Deutscher sie unterdrückt und ihnen sagt: „Du bist in unserem Land, du gehörst nicht zu uns“, sondern ein Ort, wo wir gemeinsam gestalten. Dieser dritte Ort ist der einzige Ort, wo sie sich wiederfinden, wo sie angenommen sind als Mensch. Oft sind sie ja in gewisser Weise Opfer dieser komplexen Gesellschaft, sie werden nicht verstanden und in der Schule unter ihren Möglichkeiten gehalten, sie fühlen sich irgendwie verloren. Aber durch den dritten Ort bricht eine Hoffnung herein, wieder in die Gesellschaft zurückzukommen, das ist sehr wichtig. Sie erleben, dass sie gebraucht werden, Licht der Welt sein können, und sie können ihre Kreativität ausleben.

Wollen denn die Leute Begegnung? welche Erfahrungen machst du mit unseren beiden Gemeinden?

Wir sind unterwegs, wir lernen Distanz zu definieren und Identität, einzelne Identitäten und auch gemeinsame Identität. Die muss entwickelt werden, aber wir lieben diesen Prozess, und da sind wir bewusst reingegangen.

Kommen wir noch mal auf die Gestaltungsdetails zurück. Auch die sind ja wichtig für die Atmosphäre*.

Als wir unser erstes Gespräch über eine mögliche Kooperation geführt haben, haben wir über einige Sachen gesprochen, und da hast du gesagt: „Steve, ist kein Problem!“ Ja, der Raum soll Wiedererkennbares bieten für beide Seiten. Damit sind wir noch nicht fertig, aber jetzt ist  zum Beispiel der Kasten von unserer Leinwand grau lackiert, sieht gut aus! Wir sind gemeinsam auf diesem Weg. Es sieht schon richtig cool aus, auch das Licht hintendran.

Wir hatten vier Lichter, ihr hattet zwei etwas stärkere Lichter, und zusammengestellt sieht es richtig gut aus!

That’s why we say: We are loving it! Wir lieben es!

Die Fragen stellte Stefan Nadolny.

Mehr zu den Gedanken von Homi K. Bhabha finden sich zum Beispiel auf Wikipedia. Auch andere haben in der Soziologie vom dritten Raum gesprochen, allerdings damit nicht das selbe gemeint, z.B. Lefebvre.