Meeting-ID: 364 784 6494 Kenncode: 004386 Es ist auch möglich, folgende Telefonnummer anzurufen und hörend teilzunehmen: +49 695 050 2596. Meeting-ID und Kenncode müssen dann über die Tastatur eingegeben werden.
Am Computer kann man einfach auf den Link klicken und teilnehmen. Auf dem Handy muss man sich die App Zoom runterladen (kostenlos).
Die Online-Gottesdienste finden auf Zoom statt, mit eher wenig Predigt, stattdessen mit Austausch und Meditation usw..
wie gerne würden wir heute zusammen sein und Gottesdienst feiern – und könnten es sogar. Allerdings gäbe es da auch einen Wehrmutstropfen: Am Sonntag Kantate geht es um das gemeinsame Singen – und das dürfen wir ja gerade nicht. Und zwar aus guten Gründen: Beim Singen atmen wir mehr, bewegen mehr Luft – darum geht es ja an Kantate, dass alles ins Schwingen kommt, dass wir atmen, leben, den Atem befreien, die Seele befreien (Atem, Leben und Seele sind im Hebräischen das selbe Wort, näfäsch).
Schade, dass das nicht geht. Und doch gut, erstmal zu verzichten.
Und da ist vieles, was aus guten Gründen nicht geht, aber doch gut wäre. Und anderes geht jetzt wieder. Denn auf die Dauer wird es schwierig: In den Familien mit kleinen Kindern wird es langsam anstrengend, und viele Betriebe haben keine Einnahmen. Das lässt sich nicht ewig durchhalten, da kommt der Staat auch mit Hilfen nicht hinterher. Jetzt wird wieder einiges geöffnet, aber wir wissen nicht, was dabei rauskommt. Wann kommt die nächste Welle?
Mich beschäftigen immer wieder die Widersprüchlichkeiten: In den Supermärkten drängeln sich die Leute zeitweise – aber wenn sich sechs Personen in der Aue mit Abstand treffen, gibt es eine Strafe. Das ist nicht wirklich logisch, entspricht aber den Bestimmungen. Natürlich geht es darum, sich jetzt einfach mal an die Bestimmungen zu halten. Und natürlich, die Widersprüchlichkeiten so gering wie möglich zu halten. Aber sie werden sich nie ganz vermeiden lassen.
Vor allem: Man kann es mit den Bestimmungen gar nicht ganz richtig machen! Auch die Politiker können das nicht, alles richtig machen! Zu früh öffnen führt zu mehr Todesfällen, zu wenig öffnen zu mehr Stress und wirtschaftlichem Zusammenbruch.
Mich erinnert das an einen Satz, den Martin Luther seinem Kollegen Melanchton schrieb, als der mit einigen Entscheidungen ziemlich überfordert war: „Sündige tapfer!“ Erstaunlich, dieser Ratschlag! Und das von einem Pfarrer! Aber natürlich macht er Sinn. Nur Mut! Du wirst nicht alles richtig machen, aber das ist auch nicht schlimm! Du wirst es tragen können, dass du Fehler machen wirst!
Unser Leben ist gar nicht möglich, ohne dass wir auch Fehler machen. Das ist eine sehr alte Erkenntnis – kleiner Exkurs: Indianer bitten die Tiere um Vergebung, bevor sie sie töten, um sie zu essen. Und das Wissen um die eigene Schuld ist auch der Kern vieler religiöser Rituale, z.B. der Opfer. Wir lehnen sie ab, aber durch die Lösung des Schlachtens aus dem religiösen Zusammenhang ist den Tieren kein Leid erspart worden, im Gegenteil. Die Israeliten schickten am Jom Kippur den Sündenbock in die Wüste, und auch im Abendmahl ist Schuld und Vergebung Thema. Wir wissen darum, dass wir Fehler machen und schuldige werden, und müssen irgendeinen Weg finden, damit umzugehen.
Martin Luther hatte im Kloster den Versuch gemacht, ohne Fehler zu leben – und war damit gescheitert wie schon Paulus als Pharisäer. Und so erkannte Martin Luther die Erkenntnis des Paulus als seine Rettung: In Christus sind wir gerechtfertigt! Wir brauchen nicht fehlerfrei zu leben, um von Gott anerkannt zu sein, und könnten es auch gar nicht.
Das ist etwas paradox. Aber gerade das brauchen wir in diesen Zeiten: Dass wir die Ambivalenzen aushalten können, die Ungereimtheiten und scheinbaren Widersprüche. Dass wir damit leben können, dass alles nicht so ist wie es sein sollte. Und dass wir auch vergeben können. Damit man sich nicht zerfleischt angesichts der schwieriger werdenden Situation.
Das wünsche ich uns allen, und insbesondere auch unseren Politikern. Ich finde, bisher ist es doch ganz gut gelungen. Und ich hoffe, dass es gelingen kann, was von Anfang an das Motto war: Zusammen durch die Krise! #Leavenoonebehind!
die Krise hat ja nicht nur Nachteile, sondern es gibt auch Positives zu bemerken. Ich habe den Eindruck, dass viele Leute im Moment aufmerksamer sind bezüglich den Nöten anderer, und hilfsbereiter.
Neulich habe ich ein paar Sachen eingekauft, und auf dem Weg nach Hause ist mir die Papiertüte gerissen. Sofort kamen zwei Jugendliche und halfen mir einsammeln, und da ich ja jetzt keine Tüte mehr hatte, machten sie eine von ihren Einkaufstüten frei und packten mir meine Sachen in diese, bevor sie zu ihrer Bahn liefen, die sie gerade noch erreichten.
Schön, das zu erleben! Naja, mag sein es würde immer jemand helfen, aber ich habe es jedenfalls besonders dankbar wahrgenommen.
Und ja, die Krise verändert was. Überall entstehen solidarische Initiativen. Nachbarn bieten ihre Hilfe an und kaufen für die Älteren ein, viele fragen nach, viele nähen Masken, und für unsere Lebensmittelverteilung haben sich so viele Freiwillige gefunden wie nie – natürlich weil viele im Moment mehr Zeit haben, aber auch weil das Bewusstsein da ist, dass Hilfe gebraucht wird.
Hoffnung auf Veränderungen durch Corona – dass Solidarität bleibt
Immer mal wieder hört man in diesen Tagen von der Hoffnung auf gesellschaftliche Veränderungen durch das Covid-19-Virus. Dass die Menschen ja jetzt merken, dass Solidarität wichtig ist, und dass es schön und wichtig wäre, wenn diese Stimmung über die Krise hinaus bleiben würde. Unter anderem der Bundespräsident hat diese Hoffnung in seiner Ansprache vor Ostern zum Ausdruck gebracht.
Ich teile diese Hoffnung. Wir brauchen mehr Solidarität. Natürlich mit allen! Da gibt es eine Petition, #Leavenoonebehind, lasst niemand zurück, die sehr viele Unterstützer gefunden hat: Retten wir nicht nur die Firmen, nicht nur die Arbeitnehmer, sondern auch die nicht Arbeitenden und auch die Geflüchteten in großen Lagern – denken wir an alle.
Ich teile diese Hoffnung – und gleichzeitig erinnert mich diese besondere Stimmung an eine Geschichte über eine Katastrophensituation, die Erzählung „Das Erdbeben von Chili“ von Heinrich von Kleist.
Das Erdbeben in Chili
Er erzählt von einem Liebespaar gegen alle Konventionen um 1800 in Santiago de Chile. Sie, Josephe, wird unverheiratet schwanger, wird im Kloster eingesperrt und soll hingerichtet werden, er, Jerome, kommt ins Gefängnis und will sich erhängen.
Dann gibt es aber ein Erdbeben, Jerome kommt frei, sucht sie und findet die Geliebte in einem lieblichen Tal außerhalb der Stadt, mit dem Kind, das sie inzwischen geboren hat. Eine Familie, die auch dorthin geflohen ist, lädt die drei am Morgen zum Frühstück ein. Alle Standesunterschiede sind verschwunden, es ist paradiesisch dort draußen. In dieser Stimmung entschließen die beiden, beim Vizekönig ein Gnadengesuch einzureichen.
Alle gehen in die Stadt zurück, wo ein Dankgottesdienst gefeiert werden soll. Der Prediger deutet das Erdbeben als Strafe Gottes für die Sittenverderbnis in der Stadt, und benennt Josephe und Jerome als die Schuldigen. Ein Mob lyncht die beiden. Ein befreundetes Paar, dessen Kind auch getötet wird, nimmt den Sohn von Josephe und Jerome als Ziehsohn an.
Eine Unterbrechung für kurze Zeit
Nun – mit der Katastrophe fallen nicht nur die Häuser, sondern auch die Standesunterschiede und manche starre Regeln. Aber nur für kurze Zeit, danach ist alles wie immer und noch schlimmer.
Also keine Hoffnung in Sicht? Nur ein kurzes Aufblitzen des Paradieses, draußen im Tal, und alles bleibt beim Alten?
Das ist die realistische Sichtweise des Heinrich von Kleist. Auch eine französische Revolution bringt doch keinen echten Wandel.
Wie wird es also mit Corona sein, und mit der Solidarität, die sich in der Katastrophe zeigt?
Nur ein kurzes Aufblitzen, und dann alles noch viel schlimmer?
Ein solches Aufblitzen und ein enttäuschender Ausgang sind eine Grunderfahrung des Christentums: Jesus kommt, und plötzlich manches anders. Menschen wird geholfen, Unterschiede relativieren sich, Gemeinschaft entsteht: Speisung der 5000 draußen in der Natur wie das Frühstück im lieblichen Tal. Aber das bleibt nicht, Jesus wird gekreuzigt, die Jünger sind verzweifelt.
Hoffnung auf mehr
Aber dann kam eine überraschende Wende, für die es keine wirkliche Erklärung gibt: Die Jünger erleben Auferstehung, sie spüren, dass Jesus lebt, dass das alles, was sie mit ihm erlebt haben, nicht eine kurze Episode war, sondern von Dauer. Dass diese Gemeinschaft und diese Liebe nicht einfach wieder aufhören.
Seitdem ist dieser Glaube in der Welt: Dass die Liebe stärker ist als der Tod. Das ist es, was zählt, auch wenn weiter Menschen sterben, und auch wenn es weiter Grausamkeiten, Gewalt und Ungerechtigkeit in der Welt gibt.
Das Leiden ist nicht Strafe Gottes – Gott leidet mit uns, wie Jesus gelitten hat. Und schenkt das Licht der Auferstehung.
Machen wir uns nichts vor. Es wird nicht leicht gehen. Daran erinnert uns Heinrich von Kleist. Aber wir wissen auch: Diese Solidarität blitzt nicht nur mal kurz auf, sondern zieht sich auch durch und entwickelt Kraft. Seit Adam und Eva, seit Maria und Josef und Jesus, und überall dort, wo Menschen aneinander denken und sich füreinander einsetzen.
„Hallo, was brauchen Sie?“ – „Vielleicht ein Brot?“ – Haben wir gerade nicht, aber Brötchen. Diese hier?“ – „O.K.. Und Obst?“ – „Ja, so ’ne Tüte mit Äpfeln und Mandarinen?“ – „Ja, gerne! Schön, dass ihr das macht!“ – „Danke für die Ermutigung! Und bleiben sie gesund!“
Die Stimmung ist sehr positiv bei der Lebensmittelverteilung an der Neuen Brüderkirche (Weserstraße 26), die jetzt jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag um 16-18 Uhr stattfindet. Viele freuen sich, dass sie hier noch etwas kostenloses Essen bekommen, insbesondere nachdem die Tafel im Moment geschlossen ist und auch andere Unterstützungsmöglichkeiten nicht erreichbar sind.
Das Foodsharing ist hier nichts Neues, sondern läuft seit einigen Jahren: Die Foodsaver von Foodsharing, darunter viele Studierende, holen Lebensmittel, die sonst vernichtet würden, bei Supermärkten und Backshops ab, damit sie verteilt werden können. Und auch andere, die nicht über Foodsharing organisiert sind, bringen schon seit einiger Zeit Lebensmittel, die das Angebot aufbessern.
Am Beginn der Corona-Krise und mit den damit verbundenen Auflagen stellte sich aber die Frage, ob das weitergehen kann. Nicht so wie bisher, das war klar: Offene Auslagen wollten alle wegen Ansteckungsgefahr vermeiden. Deshalb machten auch wir ein paar Tage dicht, und entwickelten ein neues Konzept, mit mit eingeschränkten Zeiten, mehr Teamarbeit, Ausgabe über einen langen Tisch, Handschuhen, Schürzen und Mundschutz, Abstandhalten, Desinfizieren und häufigem Händewaschen samt Happy-Birthday-Singen. So wird die Gefahr minimiert, dass Viren weitergetragen werden könnten.
Es war dann eine mutige Entscheidung des Kirchenvorstands, die Verteilung mit diesem Konzept fortzuführen – die natürlich nur möglich war, weil sich einige Mutige bereiterklärt hatten, die Arbeit zu machen. Mutig heißt dabei nicht, dass Risiken eingegangen werden. Es sind eher jüngere Mitarbeiter, die die Verteilung machen, damit niemand gefährdet wird. Wir riskieren nicht die Gesundheit der Abholenden, denn die Abholung gestaltet sich ähnlich wie ein Einkauf im Supermarkt, vielleicht sogar weniger risikoreich, denn die Abholung geschieht an der frischen Luft und es gibt keine Selbstbedienung. Mutig bedeutet hier, dass man etwas macht, was in Frage gestellt werden könnte. Es erfordert Mut, Verantwortung zu übernehmen. Der Mut, anderen zu begegnen, wo es doch sicherer wäre, zu Hause zu bleiben, spielt für die Beteiligten eine weniger große Rolle, denn die Begegnungen geschehen mit Abstand, und für Jüngere ist das Risiko kalkulierbar.
Wichtig ist den Aktiven die Solidarität mit und unter allen, die von der Krise besonders betroffen sind. Gerade jetzt ist es wichtig, dass Ressourcen genutzt werden, damit alle genug zum Leben haben. Das wird im Verlauf der Krise und danach noch sehr an Bedeutung gewinnen – und dieser Gedanke erfährt viel Unterstützung: Es haben sich weitere Helfer gemeldet, Foodsharing wird wieder Lebensmittel bringen, weitere Geschäfte spenden Lebensmittel. Das macht Mut für die Zukunft!
Übrigens: Auch die Bahnhofsmission verteilt Lebensmittel: „Wir sind im Moment vormittags von Montag bis Freitag am Bahnhof Wilhelmshöhe und geben dort von 9-13:30 Uhr warme Getränke und Brote, Brötchen und Obst aus.“
vor ein paar Tagen hatte ich ein Gespräch mit einem Freund – durch das verschlossene Hoftor an der Neuen Brüderkirche hindurch, selbstverständlich auf 1,5 m Abstand. „Social distancing haben wir Deutschen ja drauf“, sagte er, und es kann sein dass er den Unterschied etwas deutlicher spürt wegen seines Migrationshintergrunds. Natürlich haben wir beide gelacht, denn normalerweise sehen wir das weniger als Wert, aber jetzt kommt es uns zugute. In Italien leben die Großfamilien zusammen, die Jungen und die Alten – schön eigentlich, und irgendwie schade, dass das Miteinander der Generationen bei uns nicht so intensiv gelebt wird. Jetzt im Moment ist es vielleicht ein Vorteil – merkwürdig. „Wir sind ja ein bisschen a-sozial – aber das ist gar nicht negativ gemeint! Distanzierung kann ja auch etwas Gutes sein“, sagte mein Freund – und wir mussten das Gespräch unterbrechen, aber mich hat das noch weiter beschäftigt.
Es ist schon merkwürdig, dass wir zum Gottesdienst nicht mehr zusammenkommen können, und auch sonst nicht wirklich. Maximal zwei dürfen sich begegnen, und immer auf Abstand. Es ist keine Frage, dass das im Moment von höchster Bedeutung ist. Nur so kann die Pandemie verlangsamt werden, nur so können wir es schaffen, dass das Gesundheitssystem nicht völlig überlastet wird, nur so können wir Menschenleben retten.
Aber ungewohnt ist es schon. Sonst tun wir alles für „Come
together“ – jetzt tun wir alles für „Social distancing“. Ich habe mal ein Lied
geschrieben namens „Wir kommen zusammen“, in dem sich für mich ganz gut
ausdrückt, was Gottesdienst ausmacht.
Aber diese Gemeinschaft, dieses Im-Kreis-Stehen ist im
Moment nicht möglich.
Wie ist das mit Nähe und Distanz? Ist Nähe immer das Gute, und Distanz immer problematisch?
Wie ist das eigentlich in unserer Tradition mit Nähe und Distanz, mit Gemeinschaftsbildung und Vereinzelung? Zum Wert von Gemeinschaft gibt es natürlich viele Stellen in der Bibel und viele Beispiele aus der Kirchengeschichte. Aber zu Distanz und Vereinzelung? Doch, da gibt es auch einiges!
Im Alten Testament schon gibt es Gesetze, nach denen sich
Menschen in bestimmten Situationen aus der Gemeinschaft zurückziehen sollen. Da
mischen sich Hygienemaßnahme und Religion, das ist nicht alles so rational, und
vieles lehnen wir heute ab. Aber die Grundidee war schon da!
Und auch die Unterbrechung der Arbeit, die jetzt an vielen
Stellen nötig wird, hat da große Tradition: Am Sabbat bleiben alle zu Hause!
Im Neuen Testament scheint manches davon relativiert zu werden: Jesus will keine Gebote abschaffen, aber er setzt die Liebe über alles. Und manche soziale Distanzierung überwindet er, er setzt sich mit Ausgegrenzten und Gesetzesübertretern an einen Tisch und zieht damit den Ärger derjenigen auf sich, die sich an Gesetze halten wollen und darin die einzige Möglichkeit sehen, dass alles gut wird. Und er kommt sogar Aussätzigen nahe, die sonst von allen ferngehalten werden.
Aber auch Jesus braucht manchmal Distanz: Er zieht sich in
die Wüste zum Beten zurück – lange Zeiten, 40 Tage! Sogar im Garten Gethsemane
will er alleine Beten.
Daran schließen Mönche an: Neben den Mönchsgemeinschaften gibt es auch die Eremiten – eine ganze Bewegung war das. Mönche, die sich in die Einsamkeit der Wüste zurückgezogen haben, um ganz mit Gott allein zu sein.
Im Mittelalter hat Meister Eckardt viel über die
„Abgeschiedenheit“ gesprochen: Nur ganz getrennt von der Welt könne man Gott
begegnen, sagte der große Mystiker. Die Welt lenke zu viel ab. Nachvollziehbar,
muss ich sagen.
Natürlich ist das alles ein freiwilliger Rückzug von der Welt. Und so ganz vollständig kann er auch nicht gewesen sein, denn ganz ohne Gemeinschaft kann niemand leben. Oft kamen Menschen zu den Eremiten in ihre Einsamkeit, um mit ihnen zu sprechen – und die versorgten sie wenn nötig auch mit Lebensmitteln.
Wozu nun das alles? Wohin führt diese Reise in die
Vergangenheit?
Wir könnten mal versuchen, diese soziale Distanzierung, die
jetzt für eine Zeit nötig geworden ist, nicht als Verlust zu empfinden sondern
als Gewinn im Sinne von Meister Eckardt. Mehr Zeit mit Gott! Das ist natürlich
nicht ganz so einfach und selbstverständlich. Nur weil man alleine ist hat man
nicht automatisch mehr Gemeinschaft mit Gott. Man kann auch in beunruhigenden
Nachrichten ertrinken. Hier geht es aber darum, ganz bewusst auszuwählen. Zeiten
zu begrenzen. Fake-News auszusortieren. Und bei dem zu bleiben, was uns Kraft
gibt. Und das kommt nicht nur von außen, sondern auch von innen. Viele machen
die Erfahrung, dass ihnen ein Gebet Kraft geben kann, ein Gespräch mit Gott.
Für manche sind es innere Bilder (z.B. der liebende Blick Jesu oder Gottes).
Manche brauchen gar keine Worte und keine Bilder, es ist nur die Konzentration
auf die Quelle des Lebens.
Gleichzeitig mag es sein, dass die Einsamkeit uns den Wert
von Gemeinschaft und Solidarität ganz neu erfahren lässt. Indem wir merken, wer
und was uns fehlt. Aber auch, indem wir vielleicht alte Verbindungen
reaktivieren oder indem ganz neue entstehen. Indem Hilfenetze entstehen, die
vorher gar nicht nötig waren. Dann entsteht vielleicht gerade durch die Distanz
eine neue Nähe. Es ist wie so oft paradox. Vielleicht ist das Projekt „Social
Distancing“ im Grunde ein großes „Come Together“.
Jesus hat unser Verständnis von Gemeinschaft verändert. Der Predigttext für heute steht im Hebräerbrief im 13. Kapitel: „12 Darum hat auch Jesus, damit er das Volk heilige durch sein eigenes Blut, gelitten draußen vor dem Tor. 13 So lasst uns nun zu ihm hinausgehen vor das Lager und seine Schmach tragen. 14 Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“
Und so können wir niemand mehr draußen vor dem Tor alleine
lassen. Wir müssen vor das Lager, aus unserer eigenen Gemeinschaft hinausgehen,
weil niemand allein bleiben soll. Wir können nicht mehr nur an einige denken,
denn Jesus hat sich mit denen vor dem Tor identifiziert.
Die Bemühungen um Krisenbewältigung sind bemerkenswert. Es ist gut, dass viele kleine Betriebe Unterstützung erhalten. Trotzdem muss ich sagen: ich bin noch nicht ganz sicher, was die Bilanz sein wird am Ende dieser Krise. Gehen wir solidarisch durch diese Zeit? „Geld ist genug da“ für die Maßnahmen zur Rettung der Wirtschaft. Aber ist auch genug Geld da für die vielen, die ihre Arbeit trotzdem verlieren? Wir werden jedenfalls nicht nur „Social Distancing“ brauchen, sondern weiterhin auch „Come Together“ in anderer Form. Ob wir auch das „drauf haben“, wird sich zeigen. Wir hoffen darauf und arbeiten daran mit.
Gott segne Sie und Euch! Im Rückzug und in der Kontaktsuche in anderer Form, in Distanz und Nähe, als Einzelne und als Gemeinschaft.
Brauchen Sie jemanden zum Einkaufen? Wir stellen Kontakte her zu freiwilligen Helfern. Wenn Sie zeitweise kein Geld haben, können Sie auch kostenfrei Lebensmittel bekommen.
Brauchen Sie ein gutes Gespräch? Rufen Sie uns an, wir vermitteln Ihnen einen Menschen, der gerne regelmäßig mit Ihnen telefoniert.
Kontakt Pfarrerin Claudia Barth 0561 87 80 89 Pfarrer Stefan Nadolny 0157 3870 4495 oder 0561 87 45 42
Die Erlöserkirche ist regelmäßig mittags geöffnet (12-13 Uhr).
An der Neuen Brüderkirche werden kostenlos Lebensmittel verteilt: Dienstags, Donnerstags und Samstags jeweils 16-17 Uhr . Außerdem Brotverteilung Mo, Mi, Fr 15-17 Uhr und Kleiderkammer Mi & Fr 14-16 Uhr. Die Zeiten können sich ändern, evtl. Aktualisierungen telefonisch erfragen oder hier auf unserer Seite.
Die Allgemeine Sozialberatung unseres regionalen Diakonischen Werks ist von Montag bis Donnerstag von 10-12 Uhr besetzt und unter der Nummer 0561 71288-16 zu erreichen.
Insbesondere für diejenigen, die kein Internet haben, bietet unsere Landeskirche täglich einen Zuspruch zu Hören an: 0561 9378 -380
Telefonseelsorge: Zusätzlich zur kostenlosen und anonymen Telefonnummer 0800/111 0 111 und 0800/111 0 222 ist die Telefonseelsorge auch per Mail oder Chat zu erreichen: www.telefonseelsorge-nordhessen.de Sorgen kann man teilen. Zögern Sie nicht, sich Hilfe zu holen!
Wir haben nach einer Woche Pause zum Umstrukturieren die Arbeit wieder aufgenommen und verteilen Dienstags, Donnerstags und Samstags von 16-18 Uhr Lebensmittel an der Neuen Brüderkirche, Weserstraße 26.
Die Zeiten können sich ändern und werden dann hier und an der Kirche veröffentlicht. Bitte gelegentlich nachschauen!
Wir haben Tische ans Tor gestellt, sodass die Abstände eingehalten werden, wir arbeiten mit Mundschutz und Schürzen, wir haben Linien auf die Straße gemacht, die dabei helfen sollen, die Abstände einzuhalten (mindestens 1,5 Meter). Bisher hat das gut funktioniert.
Bitte informiert/ informieren sie insbesondere Leute, bei denen vielleicht gerade jetzt am Ende des Monats das Geld zu Ende geht – oder bringt/ bringen Sie ihnen etwas mit.
Uns ist wichtig, dass gerade in Corona-Zeiten auch an die Leute gedacht wird, die in besonders schwierige Situationen geraten (vgl. #LeaveNoOneBehind). Wir sehen unsere Aktion als einen kleinen Beitrag dazu.
Wer nicht aus dem Haus kann, möge sich melden, wir können Helfer vermitteln, die etwas bringen – wenn kein Geld vorhanden ist auch Lebensmittel kostenfrei.
„Kommt alle raus! Kommt! Die Überraschung ist da!“, ruft meine erwachsene Tochter. Etwas verunsichert folge ich ihrem Ruf. Dass sie alle so rumdirigiert, ist ungewöhnlich. Und was soll es gerade noch Schöneres geben? Immerhin haben wir es gerade geschafft, die verkleinerte Familie mitten in Coronazeiten zum Essen zu versammeln. Nur unsere jüngste Tochter ist noch beim Freiwilligendienst in Ghana und wir wissen nicht, ob sie am Wochenende doch ausgeflogen wird. Da haben wir gerade viele Fragen, wie das alles weitergehen soll. Und jetzt also Überraschung. Ich sehe jemand aus dem Auto steigen. Kenne ich die? Und noch jemand. Die kenne ich. Zwar mit afrikanischer Zöpfefrisur, aber ganz eindeutig: das ist unsere Tochter Sophie! Sie ist schon da! Einfach so! Was eine Freude!
Sie wollte uns überraschen, hat drei Tage dichtgehalten – obwohl sie von jetzt auf gleich packen musste, viele liebgewonnene Menschen ohne Abschied zurücklassen musste, um schnell in die Hauptstadt und zum Flughafen zu kommen. Ein schwerer Weg. Und doch auch große Freude mitten in all dem, einfach weil wir wieder zusammen sind!
Wir leben in einer besonderen Zeit. Ja, „Corona“ ist in
aller Munde und hat unser aller Leben in den letzten zwei Wochen sehr
verändert. Aber wir leben auch mitten in der Passionszeit. Die Zeit vor Ostern
ist eine Zeit der Einkehr. Wir erinnern uns an das Lebensende Jesu, wir
bedenken unser eigenes Leben und wir probieren Umkehr. Solches Verzichten, nämlich
z.B. Fasten wie es in fast allen Religionen zeitweise üblich ist, ist ein
Einüben in ein anderes Leben. Wie ist das, wenn ich zeitweise auf den
morgendlichen Kaffee verzichte, mich von Süßigkeiten enthalte oder bewusst auf
die Kurzstrecken mit dem Auto verzichte? Fehlt mir tatsächlich was mit Tee oder
Saft, Nüssen und Trockenobst oder beim Fahrradfahren? Die Fastenzeit, das
Verzichten, ist eine Chance: Ich merke, dass es auch anders geht. Leben ganz
anders ist möglich. Und ich merke auch: das muss nicht beschränkt sein auf die
sieben Wochen vor Ostern. Manches brauche ich tatsächlich gar nicht zum Leben.
Manches fühlt sich so gut an, dass ich es öfter machen will. Ich habe plötzlich
Mut, anders zu leben. Und ich habe auch das Zutrauen und neue Kraft, manches
ganz anders zu machen. Umkehren. Einen neuen Weg finden. So eine besondere Zeit
vor Ostern kann vieles neu machen.
„Boah!“, seufz eine Bekannte, die ich zufällig vor dem
Buchladen treffe, „es ist schon eine surreale Zeit. Ich komme gar nicht
hinterher mit meinen Gefühlen. Einen Tag geht es so, am nächsten ist wieder
alles anders.“ So geht es gerade vielen von uns: Ungefragt finden wir uns im
verordneten Anhaltemodus. Auch eine Vollbremsung mit Ansage ist erschreckend.
Das Gewohnte geht so nicht mehr. Das normale Tempo meines Alltags und die
bekannten Wege in der Freizeit und mit Freunden – alles nicht mehr möglich. Ein
bisschen ist es so als müssten wir alle zurück auf Anfang. „Gehe nicht über
´Los´, ziehe keine 4000 Euro ein.“ Heißt es im Spiel. Verordnete Pause.
Plötzlich ist Zeit zum Hinschauen, zum Hören, zum Wahrnehmen von Kleinigkeiten.
Die Vögel zwitschern schon seit Tagen auffällig laut, ich habe schon mehrere
Hummeln summend an der Balkontür wahrgenommen. Und morgens, da ist es so still,
erstaunlich. Und schön. Ich genieße diese Erfahrungen. Und trotzdem bleiben bei
vielen Menschen die Fragen im Hinterkopf, die ganz schön bohren können: was
stelle ich nur so lange mit den Kindern an, allein, womöglich nur in der
Wohnung? Habe ich genug zu Essen da? Werden wir diesen Stillstand finanziell
überstehen – und die Arbeit behalten? Da ist viel Existenzangst, wenn wir
plötzlich Zeit haben, mal von außen auf unser Leben zu schauen.
Und dann fliegen vor meinem Fenster plötzlich
Riesenseifenblasen rum. Wie schön! Sie schillern in der Morgensonne. Die Kinder
von nebenan schicken diesen Gruß in den Himmel – und laufen hinterher und
wollen die Glitzerkugeln fangen. Ein vergängliches Glück. Aber ein Glück. Ein
Glücksmoment, sehr kostbar. Wie die Freude über das Wiedersehen, das Glück des
Zusammenseins – trotz des Wissens: da bleiben liebgewonnene Menschen zurück.
Und auch hier kann nicht jeder sofort besucht werden.
Tröstlich ist das. Sich mitten in einer schweren Situation
zusprechen zu lassen oder zu erfahren: „Du bist nicht allein. Ich bin da.
Fürchte dich nicht.“ Mitten im Schweren blitzt die Erinnerung auf wie eine
leuchtende Seifenblase:
„`Berge mögen von
ihrer Stelle weichen und Hügel wanken, aber meine Liebe zu dir kann durch
nichts erschüttert werden und meine Friedenszusage wird niemals hinfällig.´ Das
sage ich, der Gott, der dich liebt.“
Gott liebt. Er liebt uns Menschen. Und er hat uns Hoffnung und Trost gegeben mit dem Leben und auch Sterben Jesu Christi. An Jesus können wir sehen: in allem, selbst im Leiden und Sterben, ist Gott da. Jesus konnte darauf vertrauen, obwohl er alleingelassen und schwer verletzt war. Und so hat er den Tod überwunden. Ist auferstanden. Jesus ist uns vorausgegangen, damit wir Trost und Hoffnung finden können: Das Leben geht weiter – Gottes Liebe wird uns durchtragen.
Manchmal ist es so, dass mitten im Schweren das sichtbar wird, was uns trägt. Das, was wir sonst in der Unruhe des Alltags nicht wahrnehmen, steht plötzlich klar vor uns, wenn wir mal zur Ruhe kommen – auch wenn es ein unfreiwilliger Stillstand ist. In der Freude über die Rückkehr unserer Tochter hat sich bei mir ein Liedvers gemischt. Ein Lied über die Freude trotz allem, was gerade nicht so leicht ist.
„Lobe den Herrn, meine Seele, und seinen heiligen Namen. Was er dir Gutes getan hat, Seele, vergiss es nicht, Amen. Lobe, lobe den Herrn, lobe den Herrn, meine Seele! Lobe, lobe den Herrn, lobe den Herrn, meine Seele!“
Der mich im Leiden
getröstet hat, der meinen Mund wieder fröhlich macht, den will ich preisen mit
Psalmen und Weisen, von Herzen ihm ewiglich singen:
„Lobe den Herrn, meine Seele, und seinen heiligen Namen. Was er dir Gutes getan hat, Seele, vergiss es nicht, Amen. Lobe, lobe den Herrn, lobe den Herrn, meine Seele! Lobe, lobe den Herrn, lobe den Herrn, meine Seele!“ – (EG+ 87)
Ich wünsche uns allen, dass diese Freude immer mal wieder in
uns aufleuchtet wie eine Seifenblase und uns tröstet, ermutigt, stärkt in
allem, was uns gerade bedrängt: Gott hat es versprochen: Er ist da. Ich brauche
keine Angst zu haben.
Gott segne und behüte Sie!
Herzlich Willkommen in der Erlöserkirche Fasanenhof und in der Neuen Brüderkirche!
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